Sanitärwende

Verbotene Abwasser- und Sickergruben im Kleingarten – was tun?

Mensch auf Klo im Kleingarten

Der Corona-Sommer 2020 hat tausende Menschen auf Kleinanzeigenportale getrieben, um sich ihr Stück Schrebergartenglück zu sichern und der stickigen Bude zu entfliehen. Auch ich – Manou – habe mich umgeschaut und es immerhin zu einer Besichtigung geschafft. Martin (Name geändert), der Pächter der Parzelle, führt mich herum. Er berichtet von der netten Nachbarin, zeigt mir das Gewächshaus und – das Klo. Es ist ein Spülklo. Mit Sickergrube. Warum das problematisch ist, was mit der Sickergrube passieren muss, wer dafür verantwortlich ist und welche Klos im Schrebergarten erlaubt sind, lest ihr in diesem Blog.

Kapitelübersicht:
1. Eine Spültoilette im Kleingarten?
2. Warum sind Abwasser- und Sickergruben verboten?
3. Welche Konsequenzen können mich erwarten?
4. Was ist, wenn ich die Abwasser- oder Sickergrube nicht nutze?
5. Wer ist für den Ausbau verantwortlich?
6. Muss ich die Abwasser- oder Sickergrube melden?
7. Welche Toilette ist im Kleingarten erlaubt?
8. Fazit

Eine Spültoilette im Kleingarten?

Wie kann das sein? Einen Anschluss an die Kanalisation gibt es im Kleingarten nicht. Martin erklärt, dass das Klo an eine Sickergrube angeschlossen sei. Seine Vorpächterin habe die Toilettenschüssel für die Übergabe ausgebaut und im Schuppen untergebracht. Schließlich sei bei der Begehung eine beauftragte Person des Vereins dabei – und die dürfe von der Sickergrube keinen Wind bekommen. So würde Martin es auch gerne bei unserer Übergabe handhaben. Danach könne ich es ja wieder einbauen, schließlich sei ein Spülklo für mich ja auch echt praktisch. So oder so ähnlich hast du es vielleicht auch erlebt. Alleine in meinem Bekanntenkreis haben sich auf Nachfrage vier Kleingärtner*innen gemeldet, bei denen Sickergruben im Schrebergarten verbaut sind. Ich kann nur grob schätzen, wie hoch die Dunkelziffer in deutschen Kleingärten ist. Auf jeden Fall ist sie größer als vier. Aber was machst du jetzt mit einer verbotenen Abwasser- oder Sickergrube im Garten? Wir haben versucht, es herauszufinden und für dich nachgefragt. Im Gespräch mit mehreren Mitarbeitenden von verschiedenen Landesverbänden und Behörden wird mir klar – hier gibt es ein echt dickes Problem. Aber fangen wir von ganz vorne an.

Warum sind Abwasser- und Sickergruben verboten?

Im Kot finden sich Viren, Bakterien oder gar Parasiten und Medikamentenrückstände. Spült man diese im Kleingarten-WC herunter, lösen sich die Fäkalien langsam im Gemisch aus Spülwasser und Urin und werden über die Sickergrube an Boden und Grundwasser abgegeben. Auch Urin in den Boden einzuleiten, ohne ihn vorher fachgerecht zu behandeln, ist potenziell bedenklich – Urin ist zwar per se keimfrei, kann aber bei Harnwegsentzündungen ebenso Krankheitserreger enthalten. Weiterhin scheiden wir ⅔ der Medikamentenrückstände über unseren Urin aus. Hinzu kommen chemische Reinigungsmittel oder ähnliche Substanzen, die ebensowenig in den Boden gehören. Nach dem Bundeskleingartengesetz und dem Wasserrecht ist es deshalb streng verboten, Abwasser im Boden versickern zu lassen und damit eine Kontamination des Grundwassers zu riskieren.

Auch das Sammeln von Schwarzwasser (Abwasser, das Fäkalien und Urin enthält) in abflusslosen Auffanggruben ist in den meisten Kleingartenanlagen nicht erlaubt. Im Kleingarten darf nämlich generell kein Abwasser anfallen. In Vereinseinrichtungen, wie z. B. Abkippstation und Vereinshaus, dürfen sie installiert werden. In manchen Bundesländern, wie zum Beispiel Berlin, sind Sammelgruben auch in den Parzellen erlaubt. Dort muss die Dichtigkeit der Gruben regelmäßig von den Pächter*innen nachgewiesen werden. Abgepumpt wird durch lokale Entsorgungsunternehmen.

Welche Konsequenzen können mich bei der Nutzung einer Spültoilette im Kleingarten erwarten?

Bei der Besichtigung von Martins Garten hatte ich zu keinem Zeitpunkt das Gefühl, dass wir bei dem Spülklo über etwas wirklich Illegales reden. Es kam mir eher vor wie Schwarzfahren und weniger wie Umweltverschmutzung, so locker wie Martin darüber geredet hat. Tatsache ist: das ist kein Kavaliersdelikt. Wer ungeklärtes Abwasser im Boden versickern lässt, macht sich strafbar. Egal ob du die Toilette regelmäßig fürs große Geschäft oder nur in Notfällen zum Urinieren nutzt – genau jetzt ist der Zeitpunkt, damit aufzuhören, denn du bewegst dich auf dünnem Eis. Wenn bei einer Kontrolle festgestellt wird, dass du eine funktionsfähige Toilette mit Sickergrube in deinem Garten nutzt, dann hast du mit strafrechtlichen Konsequenzen zu rechnen – auch, wenn du eine Dreikammergrube zur Vorklärung nutzt. Abgesehen davon weißt du spätestens jetzt um die Folgen für Wasser und Boden und solltest als Gartenfreund*in schon aus diesem Grund entsprechende Schritte einleiten.

Was ist, wenn ich eine Abwasser- oder Sickergrube habe, sie aber nicht nutze?

Nun wird nicht jede Abwasser- oder Sickergrube, die in der Erde verbaut ist, auch genutzt. Vielleicht hast du den Garten übernommen, ohne dass du auf die Existenz der Grube hingewiesen wurdest. Vielleicht hast du von der Abwasser- oder Sickergrube gewusst, aber das Spülklo bei Übernahme des Gartens ausgebaut, weil du sowieso auf eine Trockentoilette umsteigen wolltest. In diesen Fällen wirst du strafrechtlich nicht belangt. Auch wer in den ersten Monaten aus Unwissenheit um die rechtliche Lage ein Spülklo im Kleingarten genutzt hat und sich dann aus Verantwortungsbewusstsein meldet, trifft meist auf Kulanz, sagt mir die zuständige Mitarbeiterin der unteren Wasserbehörde Kiel: “Wir sind froh über jede Sickergrube, die ausgebaut werden kann, und reißen niemandem den Kopf ab, der sich initiativ bei uns meldet.”

Ich spreche auch mit Joschka Meyer, dem Landesfachberater vom Landesbund der Gartenfreunde in Hamburg e.V. Um das Problem in den Griff zu bekommen, wird in Hamburger Vereinen bei der Übergabe von Kleingärten generell auf Rohre am Klohäuschen und andere Hinweise auf verbaute Abwasser- und Sickergruben geachtet. Ein neues Instrument: ohne umfangreiche und sorgfältige Feststellung aller Mängel – und eine Abwasser- oder Sickergrube würde als Mangel gelistet – können keine neuen Pachtverträge mehr zustande kommen. So werden alle Abwasser- und Sickergruben sukzessive in den nächsten Jahren ausfindig gemacht und in diesem Zuge entfernt. Außerdem werden die Vereine zunehmend für das Thema sensibilisiert, auch in Schleswig-Holstein und anderen Bundesländern. Ein wichtiger Schritt. Jedoch braucht es auch die Mithilfe der Gartenfreund*innen. Du solltest deine Nachbar*innen über die rechtliche Lage aufklären und sie zu den richtigen Schritten ermutigen, damit wir das gemeinsam in den Griff bekommen.

Wer ist für den Ausbau zuständig?

Reden wir nicht lang um den heißen Brei. Für die Entfernung von Abwasser- und Sickergruben ist die Pächterin oder der Pächter verantwortlich. Sehr wahrscheinlich hast du die Abwasser- oder Sickergrube nicht installiert, eventuell nicht einmal genutzt. Das ist ein Ärgernis. Umso wichtiger ist es also, vor Übernahme eines Kleingartens darauf zu achten. Lass dich nicht auf Deals ein, bei denen nur schnell das Klo ausgebaut wird und weise die aktuellen Pächter*innen gerne darauf hin, dass eine Abwasser- oder Sickergrube vor Übergabe des Pachtvertrags beseitigt werden muss. Auch wenn die Nachfrage groß ist und man im Zweifel unter Druck steht, weil man den Garten unbedingt haben möchte – nimm das Klohäuschen genau unter die Lupe. Wenn dieser Hinweis für dich zu spät kommt, dann ist diese Information zumindest für Freunde und Freundinnen, die gerade ihr Gartenglück suchen, enorm hilfreich.

Muss ich die Abwasser- oder Sickergrube melden?

"Um eine zukünftige Nutzung zu unterbinden, sollten immer zumindest die Zuleitungen zur Sickergrube entfernt werden. Das ist sozusagen die Mindestanforderung”, sagt mir die Mitarbeiterin der unteren Wasserbehörde Kiel. So kannst du schon einmal zweifelsfrei ausräumen, dass die Abwasser- oder Sickergrube von dir genutzt wird. Gleichzeitig stellst du sicher, dass keine zukünftige Nutzung stattfindet. Ein guter erster Schritt. Um den Ausbau kommst du jedoch nicht herum. Wie teuer und aufwändig das ist, ist in jedem Fall einzeln zu beurteilen. Die verbauten Konstruktionen reichen von Betonschächten bis hin zu Regentonnen mit Bohrlöchern von der Marke Eigenbau. Je nach Beschaffenheit kann ein Zuschütten oder Entfernen die richtige Maßnahme sein – das ist mit deinem Kleingartenvereinen und mit behördlicher Seite zu klären. Schütte die Regentonne oder andere Konstruktionen auf keinen Fall ohne Rücksprache mit den Behörden in einer Nacht-und-Nebel-Aktion zu. Wirklich nicht. Das löst absolut kein Problem, sondern erschwert eine zukünftige Beseitigung nur um ein Vielfaches.

Der richtige Weg ist immer die Meldung bei der Wasserbehörde oder deinem Kleingartenverein. Alle Parteien haben ein Interesse daran, dass die unliebsamen Gruben aus der Erde kommen oder zumindest unbenutzbar gemacht werden. Wenn du dich mit dem Problem meldest, wirst du auf Kooperation stoßen. Wenn die Wasserschutzpolizei erstmal im Garten steht, dann hast du eher schlechte Karten.

Welche Toilette ist im Schrebergarten erlaubt?

Die Trockentoilette ist die ideale Lösung für das Klo-Problem im Garten und viele Gartenfreund*innen nutzen sie gerne. Außer in Wasserschutzgebieten ist die Kompostierung der Trockenkloinhalte im Kleingarten erlaubt. Campingtoiletten können ebenfalls genutzt werden, sofern eine Abkippstation in der Kleingartenanlage vorhanden ist. Genaueres erfährst du in der Gartenordnung deines Vereins. Trockenklos verbrauchen kein Wasser, leiten kein Abwasser in den Boden ein und funktionieren ohne Chemie. Mit Trockenklos kannst du außerdem Nährstoffe recyceln. Nach einer fachgerechten Kompostierung der Trockenkloinhalte kannst du den entstandenen natürlichen Humusdünger an Zierpflanzen, Obstbäumen und -sträuchern ausbringen. Weil das doch etwas komplizierter ist, haben wir den Prozess der Kompostierung und der Fermentation in unserem Blog nochmal genau erklärt. Ausführlich findest du die Inhalte auch in unserer kostenlosen Broschüre, die du zu unseren Trockenklos dazu bekommst oder auf unserer Trockenklo-Seite ohne Angabe von Daten einfach herunterladen kannst.

Fazit

Es ist in unser aller Interesse, dass kein ungeklärtes Schwarzwasser aus Fäkalien und Urin in der Erde versickert. Belastung von Böden und Kontaminierung von Grundwasser – das will niemand. Erst recht nicht in unmittelbarer Nähe von Gemüsebeeten. Nicht nur für die Natur ist das ganz großer Mist, es können auch gesundheitliche Risiken für Menschen daraus erwachsen. Wenn du eine Spültoilette mit Abwasser- oder Sickergrube im Kleingarten nutzt, dann fass dir ein Herz und nimm Telefon und Spaten in die Hand, um dich dem Problem anzunehmen.
Disclaimer: Bei diesem Artikel handelt es sich nicht um eine Rechtsberatung. Wir teilen lediglich unsere Erkenntnisse, die wir in vielen Telefonaten und E-Mail Korrespondenz mit Landesverbänden und Behörden zusammengetragen haben, um dir eine Hilfestellung zu geben und dich zu ermutigen, dich mit dem Thema zu befassen und richtig zu handeln.

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Team-Foto Goldeimer Mitarbeiter*innen

12 Kommentare

Skye (Goldeimer)

Moin Julia,

vielen Dank für deinen Kommentar und das Interesse an Goldeimer. Auch wir empfehlen in diesem Fall die Entsorgung über den Restmüll und diese geht auch bei 300 Pächter*innen. Allerdings ist das nur leider eine riesige Ressourcenverschwendung, die wir mit der Sanitärwende ja bekämpfen wollen. Melde dich doch gerne nochmal bei uns, wenn alle 300 Pächter*innen auf Trockentrenntoiletten umgestiegen sind und wir gemeinsam ein Konzept der Verwertung entwickeln könnten ;)

Liebe Grüße
Skye

Skye (Goldeimer)

Moini Bert,

danke für deine spannende Nachricht. Da es sich in deinem Fall um einen sehr spezifischen Fall handelt, würde ich dich bitten die örtlichen Wasserbehörden zu konsultieren. Wir sind leider nicht in der Position deinen Fall als “ungefährlich” zu labeln und womöglich dann doch ein falsches Urteil getroffen zu haben. Ich schicke dir aber dennoch hier einmal den Link über die Gesetzgebung für Privathaushalte um Abwasser in Gewässer einzuleiten: https://www.bmuv.de/themen/wasser-ressourcen-abfall/binnengewaesser/abwasser/gesetzgebung-privathaushalte-die-abwasserverordnung – vielleicht wirst du ja da schon fündig. Melde dich gerne bei weiteren Fragen :)

Liebste Grüße
Skye von den Goldis

Bert

Hallo.

Erst mal danke für dir Info auf dieser Seite.

Ich habe Verständnisfragen.

Wenn in einem Wochenendhäuschien eine
- Wasserlose Toilette ( Kompost oder Beutel oder Verbrennung) verbaut ist.
-Eine Dusche, aber nicht mit Seife genutzt wird (Seifen-geduscht wird Zuhause) aber Bodenversickerung hat.
- Eine Dusche die gelegentlich, ohne Seife genutzt wird aber Bodenversickerung hat.
- Eine Spühle in der nur Geschirr ohne Essensreste (Reste kommen in Restmüll) gesäubert wird aber Bodenversickerung hat.

Ist das “Unbedenklich” oder sollte das Grauwasser in Kanister zu Hause entleert werden.

Oder gibt es auch die Möglichkeit alles, also Toilette, Dusche und Spülwasser in ein Abwassertank zum Aussaugen zu sammeln?

VLG Bert

Julia

Welche Entsorgung empfiehlt ihr im Falle vom Wasserschutzgebiet? Wir haben eine Entsorgungsstation am Vereinsheim, aber da kann ja schlecht das Streu mit rein. Restmüll sagt man, aber ist es und geht das auch bei 300 Pächtern? (Das es alle machen bezweifel ich, aber rein in der Theorie)?

Anonymous

Hey Felix,
bei sachgemäßer Behandlung und Anwendung sind Dünger aus Trockentoiletteninhalten tatsächlich unbedenklich. Denn wenn die Kompostierung korrekt ausgeführt wird, werden die Toiletteninhalte hygienisiert. Das bedeutet, dass der Kompost Temperaturen von 55 °C und mehr erreicht und dabei Krankheitserreger abgetötet werden. Grundsätzlich empfehlen wir im eigenen Garten aber, den Kompost als Humusdünger in Zierpflanzenbeeten, an Obstbäumen oder -sträuchern zu nutzen und nicht am Gemüse – falls bei der Kompostierung etwas nicht optimal läuft, vermeidest du so ein mögliches Hygienerisiko und bist auf der ganz sicheren Seite. So oder so freuen sich der Boden und die Pflanzen über diesen natürlich-nährstoffreichen Dünger.

Schau gern auch mal in unseren anderen Blogbeiträgen zum Thema Kompostierung und Trockentoiletten (»10 Dinge, die du wissen musst«) , da gehen wir noch etwas ausführlicher auf die Themen Hygienisierung und Unbedenklichkeit ein.

Liebe Grüße,
Tanja

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