Ihr kennt ihn, ihr liebt ihn: Unseren Goldeimer. Ob wir da von unseren Toiletten, unseren Mitarbeitenden oder von unserem Unternehmen sprechen, ist ganz egal: Der Name ist Programm. Doch woher kommt der Name überhaupt?
Kiel in den 60er Jahren
Um die Entstehung von Goldeimer ganz genau zu beleuchten, müssen wir etwas weiter zurück: und zwar ins Kiel der 1960er Jahre. Um euch eine kleine zeitliche Einordnung zu geben: zu dieser Zeit wurde beispielsweise das Farbfernsehen erfunden, die Mauer wird gebaut und in Kiel fährt noch eine Straßenbahn. Die gibt es heute nicht mehr. Das wohl relevanteste Ereignis dieser Zeit ist aber, dass nach fast 80 Jahren Bauzeit die Kanalisation in Kiel fast fertig ist und somit alle Menschen in Kiel das Privileg genießen, in sauberes Trinkwasser zu scheißen.
Und mit alle Menschen in Kiel meinen wir fast alle – der beschauliche Stadtteil Gaarden im Kieler Osten ist der letzte Stadtteil, der noch keinen Anschluss hat. 1925 war erst jeder dritte Kieler Haushalt an die Kanalisation angeschlossen. In den Gaardener Straßen wurde noch zum Ende der 1950er bis zum Anfang der 1960er Jahre eine Kanalisation gebaut.
Wohin mit der Schiete ohne Kanalisation?
Natürlich müssen die Menschen aber auch in Gaarden schon immer auf Toilette gehen – und überall dort, wo man keinen Anschluss zur Kanalisation hat, muss man sich eben anders behelfen. Hier wurde, genau wie vorher in der kompletten Kiel, an einem mysteriösen Ort gekackt. Dieser mysteriöse Ort ist die sogenannte halbe Treppe. Manche von euch, die vielleicht in einem Altbau wohnen, sollten diesen Ort kennen. Heute steht da meistens eine mysteriöse Waschmaschine oder es ist einfach nur eine mysteriöse Abstellkammer, die sich auf dem Treppenabsatz zwischen den Wohnungen befindet.
In dieser kleinen Kammer auf halber Treppe stand zu dieser Zeit aber in der Regel ein Klo. Genauer gesagt, ein Trockenklo. Das ist immerhin schon ein riesiger Fortschritt zur Situation von ein paar Jahrzehnten vorher gewesen. Da gab es meistens nur ein Plumpsklo mit Sickergrube im Hof, das man sich dann mit dem gesamten Haus geteilt hat. Im ärgerlichsten Fall stand das in der Nähe des Frischwasserbrunnens – und wir alle wissen was passiert, wenn man Wasserversorgung und das Klo zu dicht beieinander plant. Das Wasser wird kontaminiert. Kacke und Wasser gehören eben einfach nicht so richtig zusammen.
Aber zurück zum Trockenklo auf halber Treppe: Wie gesagt, ein Rohr zur Kanalisation gab es hier nicht, aber irgendwie muss man die Schiete ja nun einmal loswerden. Die Fäkalien wurden also nicht mit Wasser abtransportiert, sondern es kam regelmäßig ein dafür extra ausgebauter Wagen und holte die Fäkalien ab – in den sogenannten Goldeimern.
Das Stinkviertel Kiels
Der Name ist ein Überbleibsel aus der Zeit Anfang des 19. Jh. Traditionell wurden die Inhalte nämlich zu einer Fäkaldüngerfabrik in Kiels sogenanntem Stinkviertel gebracht. In den Eimern war bares Geld. Warum? Guano (Vogelkackedünger) aus Chile für die Kunstdüngerproduktion war tierisch teuer. Also hat man Dünger aus einheimischen Fäkalien hergestellt. Das war sehr lukrativ, vor allem weil mit dem Ausgangsmaterial sonst niemand etwas anfangen wollte.
Das Stinkviertel hat so seinen Namen bekommen. Aber nicht weil die Scheiße so gestunken hätte, sondern weil in der Herstellung der Düngemittel Schwefel zum Einsatz kam.
Einen Schritt zurück
Dieses System von Abholung der Fäkalien kommt uns heute in der Regel etwas altbacken vor. Auf der anderen Seite ist das für uns bei anderen Wertstoffen die ganz normale Infrastruktur: wir haben eine braune Tonne für Bioabfälle, eine gelbe für Plastik, das wir recyceln wollen und eine schwarze Tonne für Restmüll – nur bei dem Wertstoff Kacke haben wir uns gedacht, das wär doch eine gute Idee, das mit ordentlich frischem Trinkwasser zu vermengen und anders zu entsorgen.
Heute wissen wir: Ist es nicht.
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